Rückblick 2007 – Juni: Wird der Europäische Flussaal weltweit unter Schutz gestellt?

Seit Sonntag (03.06.2007) beraten in der niederländischen Hauptstadt Den Haag die 171 Staaten des 1973 geschlossenen Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES) über eine Anpassung der 3 Artenschutzlisten.

Bis zum 15.06.2007 sollen mindestens 40 bedrohte Arten überprüft und ggf. durch Handelsbeschränkungen (Liste 2) oder Handelsverbote (Liste 1) geschützt werden. Bisher werden durch das Abkommen fast 50.000 Tier- und Pflanzenarten weltweit geschützt. Die wohl bekanntesten Regelungen sind die Handelsverbote für Elfenbein, Menschenaffen, Tiger oder Walprodukte.

Im Namen der europäischen Staaten hat Deutschland neben dem Dornhai und dem Heringshai auch den europäischen Flussaal auf die Tagesordnung der 14. internationalen Artenschutzkonferenz gebracht. Für die Meeresräuber ist eine Aufnahme in die Liste noch fraglich, weil die hierzu notwendigen Datenmengen den strengen Bedingungen der Welternährungsorganisation (FAO) scheinbar nicht genügen. Ganz anders sieht es jedoch beim europäischen Flussaal aus.

Hier sprechen die vorliegenden Daten seit Jahrzehnten eine deutliche Sprache. Im vergangenen Jahr hat der InternationaIe Rat für Meeresforschung (ICES) einen dramatischen Rückgang der Aalbestände im gesamten Verbreitungsgebiet feststellen müssen. Eine Aufnahme in die Liste 2 wird von der Welternährungsorganisation begrüßt. Die Organisation Pro Wildlife befürchtet ein Aussterben des europäischen Aals innerhalb der nächsten 10 Jahre, sollte er nicht unter Schutz gestellt werden. Die Umweltstiftung World Wide Fund for Nature (WWF) führt den europäischen Aal inzwischen gar unter den TOP10 der weltweit dringend zu schützenden Arten und unterstützt den Vorschlag ebenfalls.

Sollten zwei drittel der Länder dem Vorschlag zustimmen wird der Aal auf die Liste 2 gesetzt. Damit wäre weltweit jedes Land verpflichtet, Daten über den Im- und Export zu sammeln und zu veröffentlichen. Jeglicher Handel mit europäischen Aalen wäre zudem auch genehmigungspflichtig und internationalen Kontrollen unterworfen.
Es werden zwar alle Alters- und Entwicklungsstufen des europäischen Aals gehandelt, aber insbesondere die Geschäfte mit den Glasaalen dürften für letzte heftige Diskussionen auf der Konferenz sorgen.
Frankreich und Spanien haben sich in der Vergangenheit auf europäischer Ebene immer gegen die von der EU geplanten Schutzmaßnahmen gewehrt und entsprechende Maßnahmen blockiert.
Gestern (Montag 04.06.2007) gab es dann aber wohl endlich den erwarteten Durchbruch auf europäischer Ebene. Demnach haben sich die 27 EU-Botschafter nun darauf geeinigt zukünftig 60% der in der EU gefangenen Glasaale auch in der EU zu belassen und diese ausschließlich für die Wiederansiedlung in europäischen Flüssen zu verwenden. Andere Gewässer zählen dabei nicht mit und werden beim Besatz wohl außen vor bleiben.
Die ursprünglich von der EU Kommission auf Grundlage wissenschaftlicher Gutachten geforderten 75% konnten nicht gehalten werden. Der Kompromissvorschlag (60%) stammt von EU-Ratspräsident Horst Seehofer. Dieser wollte das Ziel jedoch bis zum Jahr 2010 erreicht haben.
Deshalb ist dieser Vorschlag (wie berichtet) erst kürzlich gescheitert. Angesichts der dramatischen Situation konnten sich die Diplomaten offenbar nun doch noch auf grundsätzliche Schutzmaßnahmen einigen.
Demnach soll nun die Quote von 60% nach einem Stufenplan bis zum Jahr 2013 in jedem Mitgliedsstaat erreicht werden.
Dies könnte möglicherweise ungeahnt hohe Glasaalpreise für die nächsten 5 Jahre bedeuten, wenn diese nicht eingefroren werden.
Diesen Plänen sollen die EU-Ratsminister in der nächsten Woche in Luxemburg zustimmen.
Auf weltweiter Ebene stehen die Chancen ebenfalls recht gut, dass der Handel mit Glasaalen wieder in vernünftige Bahnen gelenkt und international kontrolliert wird.
Zudem wollen sich Deutschland und die europäischen Partner auf der Artenschutzkonferenz allgemein dafür stark machen, dass gerade die kommerziell stark ausgebeuteten Fischarten schnellstmöglich vor der Ausrottung geschützt werden.
Jährlich werden offiziell ca. 500.000.000 lebende Glasaale (ca. 200 Tonnen) nach Asien verkauft, wo sie in Aalfarmen gemästet werden. Bei einer angenommenen Überlebensrate von ca. 80% und einem durchschnittlichen Endgewicht von nur ca. 250 g je Farmaal entspricht das einer Biomasse von ca. 100.000 Tonnen adulter Aale je Jahr. Zum Vergleich: In ganz Europa werden im gleichen Zeitraum weniger als ein drittel dieser Menge (ca. 32.000 Tonnen) gefangen bzw. gemästet.

Der Lebensraum des europäischen Aales befindet sich also quasi zu ca. 70 % in asiatischen Aalmastanlagen. Ein Wunder, dass noch niemand darauf gekommen ist, den europäischen Flussaal in “asiatischer Farmaal” umzubenennen.

Mit endgültigen Ergebnissen der Artenschutzkonferenz ist ebenfalls frühestens in der nächsten Woche zu rechnen.

Es tut sich was, hoffen wir das Beste.

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