Wie Fische Hören: Das erstaunliche Sinnesorgan unter Wasser
Im Jahr 2006 entdeckten australische Forscher das Fossil eines etwa 380 Millionen Jahre alten Fisches, der zu Lebzeiten offenbar so etwas wie Ohren und Gliedmaßen besaß. Dieser Fund gilt als Bestätigung dafür, dass Fische, bevor sie in Übergangsformen das Land eroberten, äußerlich gut erkennbare Ohren hatten. Die meisten heutigen Fische haben zwar keine solchen Ohren mehr, können jedoch dennoch vereinzelt gut bis sehr gut Töne im Wasser wahrnehmen.
Menschen und Säugetiere besitzen zum Hören neben den äußerlich sichtbaren Ohren vor allem ein Trommelfell, das die Schallwellen (ca. 16 bis 16.000 Hz beim Menschen) über die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steigbügel) an das Innenohr (Labyrinth) weiterleitet.
Fische haben jedoch weder äußere Ohren noch ein solches Trommelfell.
Den meisten Fischen dient deshalb ihre Schwimmblase als Trommelfellersatz (Resonanzkörper). Zur Weiterleitung von Schallwellen an das innere Ohr (eine mit Lymphe gefüllte Blase) dient der sogenannte Webersche Apparat, der – ähnlich wie bei Säugetieren – aus kleinsten Knochen besteht.
Der Aal stellt hier jedoch eine Ausnahme dar. Während alle Karpfenartigen, Salmlerartigen, Welsartigen und die meisten heutigen Meeresfische diese Verbindung zwischen Resonanzkörper und innerem Ohr besitzen, fehlt der Webersche Apparat bei den Aalartigen vollständig.
Damit fehlt die wichtigste Voraussetzung für eine gute Schallwahrnehmung mittels Ohren.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Aale keinerlei Schallwellen wahrnehmen können. Oberhalb von etwa 600 Hz nimmt das allgemeine Wahrnehmungsvermögen der Aale zwar rapide ab, es verbessert sich jedoch mit zunehmendem Alter, sodass insbesondere Blankaale auch bei höheren Frequenzen noch reagieren.
Wird das innere Ohr vollständig blockiert, sinkt die allgemeine Hörgrenze auf ca. 400 Hz. Daraus lässt sich schließen, dass der Aal allein mit seinem inneren Ohr gerade einmal einen Frequenzbereich von ca. 200 Hz gut abdecken kann – während der Mensch fast 16.000 Hz wahrnehmen kann. Ein Mensch mit dem Hörvermögen eines Aals hätte also gegenüber dem Normalzustand einen Hörverlust von ca. 99 % zu verzeichnen. Er wäre somit theoretisch taub.
Der Aal kann daher, was sein reines Hörvermögen mittels Ohren betrifft, im Vergleich mit anderen Fischen nahezu als taub bezeichnet werden.
Er ist jedoch auch auf andere Weise in der Lage, bestimmte Schallwellen in begrenztem Maße wahrzunehmen.
Im Wasser breitet sich der Schall etwa vier- bis fünfmal schneller aus als in der Luft. Das heißt aber nicht, dass Fische besser hören können – und schon gar nicht, dass „Lärm“ außerhalb eines Gewässers von Fischen gehört wird. Denn Schallwellen werden beim Übergang von Luft ins Wasser nahezu vollständig reflektiert. Selbst wenn Töne direkt unter Wasser erzeugt werden, ist es für Fische kaum möglich, diese klar und deutlich zu hören. Die Schallwellen werden durch das ständig in Bewegung befindliche Wasser, durch den Grund, die Oberfläche und durch Temperaturschichten (z. B. die Sprungschicht) zu oft gebrochen oder reflektiert.
Meeressäuger wie Wale und Delfine haben dieses Problem durch einen ständigen Frequenzwechsel gelöst und können sich auf diese Weise sogar über weite Strecken hinweg verständigen.
Jeder, der ein Aquarium hat, kann dies selbst ausprobieren: Man kann die meisten Fische so laut, hoch und tief anbrüllen, wie man will – es stört sie offenbar nicht im Geringsten. Klopft man hingegen nur leicht an die Scheibe, sind meist eindeutige Fluchtreaktionen zu beobachten. Das liegt jedoch nicht vorrangig daran, dass den Fischen das Klopfen zu laut ist, sondern daran, dass sie ein weiteres Organ besitzen, mit dem sie Schwingungen im Wasser wahrnehmen können:
Die Seitenlinie.