Der Gemeine Regenwurm (Lumbricus terrestris), auch Aalwurm oder kurz Regenwurm (von althochdeutsch rëganwurm, lateinisch lumbricus) genannt, ist die bekannteste sowie eine der häufigsten und größten Regenwurmarten Europas. Wenn man sich Umfragen zum Thema Köderwahl auf Aal oder Quappe anschaut, lässt sich immer wieder feststellen, dass der Tauwurm (Lumbricus terrestris) von mehr als zwei Dritteln aller Angler als fängigster Köder angesehen wird. Dies mag daran liegen, dass er relativ günstig und leicht zu beschaffen ist – oder auch daran, dass es eben solche Umfragen gibt und sich viel zu viele davon beeinflussen lassen. Insbesondere ein Anfänger wird sich auf solche Aussagen verlassen.
Und das ist am Anfang auch gut so. Um ohne viel Aufwand an den Köder Nr. 1 zu gelangen, gibt es zwei Möglichkeiten: 1. kaufen und 2. selbst sammeln. Um die begehrten Köder zu kaufen, einfach im Angelfachgeschäft fragen. Dort erhält man meistens die Tauwürmer aus Kanada.
Um sich Tauwürmer selbst zu sammeln, muss man sie erst einmal finden. Ich denke, dass die Suche viel einfacher und schneller funktioniert, wenn man etwas über die Lebensweise, das Verhalten und das ein oder andere interessante Detail über den größten und bekanntesten Regenwurm Europas weiß.
Der Europäische Tauwurm ist noch vor dem Kompostwurm die bekannteste und verbreitetste Art unter den Regenwürmern. Wobei der Name Regenwurm wohl nichts mit dem Regen, der vom Himmel fällt, zu tun hat, sondern eher etwas mit dem „sich regen“, also einer eifrigen Bewegung (hier unter der Erde). Um einen regen Wurm eben.
Er ist bis zu 30 cm lang (in manchen Bundesländern entspricht dies dem Schonmaß für Aale – man fasst es nicht!). Sein Körper ist im Kopfbereich rot bis braunviolett gefärbt und hellt sich zum abgeplatteten Ende bis ins Blassrosa auf. Der Körper selbst besteht aus bis zu 180 Segmenten, die über Längs- und Ringmuskeln verfügen, welche den Würmern ihre eigene Art der Fortbewegung ermöglichen. Jedes dieser Segmente ist zudem mit ausfahrbaren Borsten ausgestattet. Diese geben dem Wurm einen sehr guten Halt in seiner bis zu 7 m tiefen Wohnröhre. Die Atmung erfolgt über die Haut. Das Strickleiternervensystem des Regenwurms dürfte jedem aus dem Biologieunterricht noch bekannt sein: ein Gehirn, zwei Bauchmarkstränge und je eine Querverbindung in jedem Segment.
Der Tauwurm ist ein Zwitter, kann sich aber nicht mit sich selbst fortpflanzen. Ob ein Tauwurm die Geschlechtsreife erreicht hat, ist an einem auffälligen Gürtelsegment (Clitellum) erkennbar. Ohne dieses Segment sind Tauwürmer nicht fortpflanzungsfähig. Obwohl jeder Wurm sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsorgane hat, sind immer zwei Würmer zur Paarung notwendig. Hierzu legen sich die Würmer in entgegengesetzter Richtung genau an der Stelle des Gürtelsegments aneinander und verkleben dort miteinander. Nach der Paarung legt der Tauwurm einen kleinen, hellbraunen bis gelblichen, maximal 90 g schweren Kokon mit mehreren Eiern tief in der Erde ab. Es entwickelt sich meistens jedoch nur ein einziger Wurm daraus. Die Brutzeit beträgt 90 Tage. Bis zur Geschlechtsreife vergehen weitere 200 bis 250 Tage.
Die Lebensdauer in der Natur beträgt grundsätzlich nur zwei Jahre, oft wird dieses Alter jedoch nicht erreicht, da es sehr viele Fressfeinde und auch ein paar Angler gibt. In wenigen Ausnahmefällen erreicht ein Tauwurm auch einmal zehn Jahre.
Das heißt, um sich mittels einer „Tauwurmzucht“ mit Tauwürmern zu versorgen, braucht man sehr viel Zeit, Geduld und auch Glück. Im Grunde, so meine Meinung, lohnt sich der Aufwand angesichts des äußerst geringen Nutzens nicht. Lediglich zur Aufbewahrung für eine spätere Verwendung oder zur Zucht von Mist- bzw. Kompostwürmern (kürzere Brutzeit und schneller geschlechtsreif) eignen sich die allgemein bekannten Behälter und Bauanleitungen.
Damit der Tauwurm an der Luft nicht austrocknet, bevorzugt er kühle und feuchte Nächte, um sich an der Erdoberfläche zu paaren. Zusätzlich wird von der Haut Schleim abgesondert, der den Wurm vor dem Austrocknen schützt. Das Frühjahr und der Herbst sind somit die besten Zeiten, um Tauwürmer zu sammeln. Sowohl bei Bodenfrost als auch bei starker Hitze und Trockenheit verzieht sich der Tauwurm tief in die Erde. Der Tauwurm ernährt sich von abgestorbenen Pflanzenteilen, die er in das an der Oberfläche weit verzweigte Röhrensystem zieht. Die Verdauungsreste werden zum Teil aus der Wohnröhre herausgeschoben. An diesen kleinen Kleckerburgen ist die Anwesenheit der scheuen Würmer zu erkennen.
„Keine Häufchen = keine Tauwürmer“
Tauwürmer sind sehr scheu und verschwinden blitzschnell in ihrer Wohnröhre, wenn sie mit einer normalen Taschenlampe angeleuchtet werden oder der Boden durch Schritte erschüttert wird. Da sich die Tauwürmer aber nur bei Dunkelheit an die Oberfläche wagen, braucht man dennoch irgendeine Lichtquelle, um sie sehen zu können. Es hat sich herausgestellt, dass Tauwürmer Rotlicht nicht sehen bzw. spüren können. Am besten eignet sich natürlich eine Kopflampe mit Rotlichtfunktion. Achtung: nicht die blinkenden nehmen – davon wird man wirr im Kopf. Zur Not geht auch ein abnehmbares Fahrradrücklicht mit roten Dioden, das man sich aber zwischen die Zähne klemmen muss, wenn man beide Hände frei haben will.
Mit der einen Hand schnappt man sich das hellere Hinterende eines Wurms, wenn es draußen liegt, und in der anderen Hand hält man die Wurmdose. Sollten die Würmer, wie so oft, nur halb aus der Röhre herausschauen, müssen sie am Kopfende geschnappt werden. Hier muss beherzt zugegriffen werden, sonst ist der Wurm schneller verschwunden, als man gucken kann. Es ist darauf zu achten, nicht sofort am Wurm zu zerren.
Einfach nur den Wurm auf Spannung halten und, wenn man ihn sicher gefasst hat, vorsichtig den Zug verstärken. So verhindert man das Zerreißen des Wurms. Sollte es dennoch einmal passieren, ist der Wurm für die Wurmdose ungeeignet und sollte stattdessen auf einen feuchten Bereich zurückgesetzt werden.
Denn Tauwürmer besitzen Stammzellen. Diese Zellen können theoretisch zu allem werden, was ursprünglich vorhanden war. Praktisch ist es für den abgetrennten Kopfteil immer möglich, ein neues Schwanzende auszubilden. Das Schwanzende kann jedoch nur einen neuen Kopf regenerieren, wenn nicht mehr als 16 Segmente des Kopfteils abgetrennt wurden. Fehlen mehr Teile, stirbt das Hinterteil ab und nur aus dem Vorderteil wird ein neuer Wurm.
Nicht, dass jetzt irgendwer auf die Idee kommt, eine Tauwurmzucht anzulegen und die Zahl zu verdoppeln, indem er allen die Köpfe abschneidet …
Im Garten und auf der Wiese sind sie besser und einfacher aufgehoben – und vor allem viel nützlicher. Eine Tauwurmzucht sollte sich nur jemand anschaffen, der keine Möglichkeit hat, sich die Würmer anders zu beschaffen bzw. auch im Winter und im Hochsommer noch verstärkt mit Tauwurm angeln möchte.
Der Tauwurm lockert den Boden durch seine Grabetätigkeit auf und sorgt so für eine gute Durchlüftung. Ebenso kann Wasser viel besser vom Boden aufgenommen werden. Zudem frisst er alte und abgestorbene Pflanzenteile und wandelt diese in wertvolle Pflanzennährstoffe um. Untersuchungen haben ergeben, dass Tauwurmkot elfmal mehr Kalium, siebenmal mehr Phosphat, 2,5-mal mehr Magnesium, fünfmal mehr Stickstoff und 50 % mehr Calcium als normale Erde enthält.
In Deutschland steigt pro Jahr die Höhe von Weideflächen durchschnittlich um 5 mm – nur durch den Kot von Regenwürmern! Oder anders ausgedrückt: Auf einer Weidefläche von 100 × 100 Metern (1 ha) werden pro Jahr 40 Tonnen nährstoffreiche Regenwurmköttel produziert.
Zusammenfassung
Der Gemeine Regenwurm, vor allem der Tauwurm (Lumbricus terrestris), ist nicht nur der wohl bekannteste Regenwurm Europas, sondern auch einer der beliebtesten Angelköder. Besonders beim Aalangeln gilt der Tauwurm als unschlagbar. Er lässt sich günstig kaufen oder noch besser selbst sammeln – am erfolgreichsten in kühlen, feuchten Nächten mit Rotlicht. Eine Tauwurmzucht ist theoretisch möglich, lohnt sich jedoch kaum, da die Entwicklung von der Eiablage bis zur Geschlechtsreife viele Monate dauert.
Neben seiner Rolle als Köder erfüllt der Tauwurm eine wichtige Funktion im Ökosystem: Er lockert den Boden, verbessert die Wasserdurchlässigkeit und reichert die Erde mit wertvollen Nährstoffen an. Dadurch ist er im Garten wie auch auf landwirtschaftlichen Flächen unverzichtbar.
Fazit
Der Tauwurm ist für Angler und Natur gleichermaßen wertvoll. Wer ihn als Angelköder nutzen möchte, sollte sich auf das Sammeln konzentrieren, statt viel Aufwand in eine private Tauwurmzucht zu stecken. Für Hobbygärtner und Landwirte ist er ein natürlicher Bodenverbesserer, der langfristig die Bodenqualität steigert.
Ob beim Angeln oder im Garten: Der Tauwurm zeigt, wie nützlich und vielseitig Regenwürmer wirklich sind. Wer Aale, Quappen oder andere Fischarten mit Tauwurm angeln möchte, setzt auf einen der fängigsten Köder überhaupt – und profitiert zugleich von einem Tier, das für gesunde Böden sorgt.
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