Rückblick 2005 – März: Der amerikanische Aal (Anguilla rostrata)

Der nächste Verwandte unseres europäischen Aals ist der amerikanische Aal (Amerikanischer Aal). Anguilla = Aal, rostrata = Spitz oder Schnabelförmig.

Er wird auch Boston Aal, Glattaal, Schlangenfisch oder atlantischer Aal genannt. Es gibt und gab Behauptungen es würde sich bei A. anguilla und A. rostrata um ein und dieselbe Art handeln. (Tuckertheorie)

Das liegt daran, dass der europäische Aal in seiner Erscheinung nicht eindeutig vom amerikanischen Aal zu unterscheiden ist. Diese Theorie dürfte jedoch inzwischen ausreichend widerlegt sein.

Der amerikanische Aal laicht ebenfalls in der Sargassosee und wandert anschließend in 9 bis 12 Monaten zur amerikanischen Küste, wo er sich etwa im Februar zum Glasaal wandelt. Angeblich sollen die Weibchen mehr als 500 Millionen Eier abgeben, eine Zahl zwischen 5 und 20 Millionen erscheint jedoch weitaus realistischer. Die Überlebensrate der Eier ist unbekannt. Auch dieser Aal kehrt nach dem Ablaichen nicht wieder zurück und stirbt vermutlich. Um von der Küste aus in die Flüsse aufzusteigen wandert er z.T. noch viele Kilometer die Küste entlang. In dieser Zeit beginnt die Pigmentierung. Nun werden sie Elver genannt und sind ca. 6 cm lang. Einige amerikanische Aale verbleiben in den Flussmündungen (vorwiegend Milchner) während andere unterschiedlich weit die Flüsse stromaufwärts ziehen. Sie verbleiben im Süßwasser zwischen 5 und 20 Jahren. Das älteste belegte Alter betrug bisher 43 Jahre. Während der Laichwanderung vergrößern sich die Augen und Brustflossen und der Aal stellt die Nahrungsaufnahme ein. Die Abwanderung erfolgt meist im Januar bei Hochwasser und in sehr dunklen Nächten. Während der Laichwanderung verkümmert der Darm, der After schließt sich und die Geschlechtsorgane werden gebildet. Seit 1995 in Amerika nachgewiesen, macht nun der Schwimmblasenwurm Anguillicola crassus auch den amerikanischen Aalen Schwierigkeiten.

Der amerikanische Aal gilt als Ursprungswirt der sogenannten Kratzer.

Das sind Darmparasiten (Paratenuisentis ambiguus). Diese heften sich mit einem Haken besetzten Saugmaul an die Darminnenwand der Aale und verursachen durch den häufigen Wechsel der Saugstellen innere Blutungen. Bereits 1957 wurden amerikanische Bachflohkrebse in norddeutschen Gewässern ausgesetzt, weil die heimischen Arten verschwunden waren. Leider hatte man nicht berücksichtigt, dass die Bachflohkrebse den Kratzern als Zwischenwirte dienen. Wahrscheinlich durch die Vermischungen von amerikanischen und europäischen Aalen in Aalfarmen wurden diese Parasiten dann bei uns eingeschleppt und fanden sogleich massenhaft Zwischenwirte vor, wodurch sie sich schnell ausbreiten konnten.

Der amerikanische Aal kommt hauptsächlich im Mississippi und den großen Zuflüssen vor. Aber auch in den großen Seen ist er kein Unbekannter.

In amerikanischen und kanadischen Staaten ist die kommerzielle Glasaalfischerei seit 1998 verboten und der Handel mit Glasaalen wird strengstens limitiert. Dies geschah Aufgrund eines Plans der Meeresfischereikommission der Atlantischen Staaten, der verbietet Aale unter 6 inch zu entnehmen. Ab dieser Länge fangen die Aale an zu fressen und bekommen Farbe.

Angesichts der Preise von 300 Dollar je Pfund (ca. 2500 Glasaale) konnten die amerikanischen Freizeitangler nicht mehr mit den asiatischen Geboten mithalten. Wegen der starken Überfischung und weil viel zu wenig über diese Spezies bekannt war, wurde der kommerzielle Glasaalfang z.B. im Staat New Jersey 1998 verboten. 1981 wurden noch 700.000 Pfund Glasaale in Maryland und Virginia kommerziell gefangen. Seit dieser Zeit gingen die Bestände ständig weiter zurück. Zwischen 1995 und 1998 herrschte ein regelrechter Goldrausch was den Fang und Verkauf von Glasaalen anging. Ein Fischer konnte in einer guten Nacht bis zu 10.000 Dollar Glasaale erbeuten. Der Kampf um den Profit ging soweit, dass mit Waffengewalt und Mord vorgegangen wurde. Bezahlt und hochgetrieben wurden diese Preise von chinesischen “Glasaaldealern” die diese Tiere weiter nach China, Frankreich, Portugal, Spanien und England für Aalfarmen weiterverkauften. Diese wiederum mästeten die Aale um sie anschließend teuer nach Japan zu verkaufen.

Ein Gesetzentwurf, welcher vorsah, den Erlaubnisbeitrag für das Aalangeln mit dem Pödder oder der Angel derart zu erhöhen, dass neue Jungangler und ausländische Angler abgeschreckt werden, wurde von der staatlichen Gesetzgebung abgelehnt. Man glaubt auch in Amerika, dass der Rückgang der Aale und Glassaale primär auf die Aalwirtschaft in den asiatischen Ländern zurückzuführen ist.

Es werden allein im relativ kleinen Japan mehr als 100.000 Tonnen Aal im Jahr verzerrt. In ganz Europa sind es etwa ein viertel davon. Der japanische Aal ist durch diese Gier nach Kabayaki (Brataal in Sojasoße) derart selten, dass er selbst für die Japaner zu teuer wurde 1 Kg Glasaal (ca. 6000 Tiere) kostet ca. 10.000 Euro. Deshalb stürzten sich die Händler auf die amerikanischen und europäischen Arten, die um ein vielfaches günstiger zu haben sind (1 Kg max. 600 Dollar bzw. Euro). Da inzwischen in Amerika und Kanada der Handel mit Glasaalen streng limitiert und der kommerzielle Fang verboten ist, stürzt sich jetzt alles auf den europäischen Aal. Und mit ihm werden mehrfache Millionengewinne gemacht. Die wirtschaftlichen und offenbar auch profitablen Beziehungen zu China sind einigen Politikern und Unternehmern offenbar wichtiger als eines der ungewöhnlichsten Tiere Europas vor der Ausrottung durch kommerzielle Überfischung zu schützen. Anders ist die letzte Entscheidung der EU nicht zu erklären. Die Laichenden Altfische sollen geschützt werden damit noch mehr Aalbabys gefangen werden können.

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