Rückblick 2007 – März: Massenbesatz bei Aalen führt zur Bestandsschädigung!

Es gibt immer noch viel Irrglauben was die Biologie des Aals angeht. Auch unter Anglern. Viele meinen, Weibchen sind raubende große Breitköpfe und die Spitzköpfe sind die kleineren männlichen Aale. Fehlendes Wissen über den Aal hat früher und auch heute noch zu schweren Schäden am Aalbestand geführt.

Über den hohen Männchenanteil bei der Verwendung von Farmaalen zu Besatzzwecken hatte ich, glaube ich, hier schon berichtet. Auch zu Problemen mit dem Besatz gewässerfremder Stämme u.s.w..

Aber auch der Besatz mit Glassaalen kann zu starken Veränderungen im natürlichen Geschlechterverhältnis führen, wenn man das Gewässer und den Bestand nicht absolut unter Kontrolle hat und weiß was man tut. Grundsätzlich sind alle jungen Aale Hermaphroditen. Ihr Geschlecht wird nicht vom Erbgut der Alttiere bestimmt, sondern unterliegt ab einem gewissen Zeitpunkt äußeren Umwelteinflüssen. In der Aalfarm ist es vor allem der begrenzte Platz der sie nahezu vollständig zu männlichen Aalen abwachsen lässt.

Es dürfte auch bekannt sein, dass an den Flussmündungen und an der Küste grundsätzlich die wesentlich kleineren männlichen Aale und die Hermaphroditen anzutreffen sind, während die Weibchen bis weit in die Flüsse aufsteigen.

Viele Untersuchungen diesbezüglich ergaben, dass dies nicht nur mit dem Salzgehalt, sondern vor allem mit dem Nahrungsangebot bzw. der Bestandsdichte zusammen hängt.

In einem See in Irland, in dem nur natürlicher Aufstieg zu verzeichnen war, lag Beispielsweise der Weibchenanteil bei vollen 100 %. Nun kam der Mensch dort auf die Idee, den Ertrag in diesem See durch intensiven Aalbesatz zu steigern. Mit dem Ergebnis, dass in den Folgejahren der Männchenanteil auf über 60 % angestiegen ist und der Ertrag nicht gesteigert werden konnte. Oder Anders gesagt, der Anteil der bestandswichtigen Weibchen ist um über 60% zerstört worden.

Der Grund hierfür ist der Konkurrenzdruck bezüglich Lebensraum und Nahrung. Dies ist auch ein Grund, weshalb männliche Aale nicht so groß abwachsen wie weibliche Aale. Ihnen fehlt einfach das entsprechende Nahrungsangebot u.s.w. um weibliche Geschlechtsorgane ausbilden zu können.

Leider wird hierzulande meistens auch noch praktisch falsch besetzt. D.h. Anstatt die Jungaale zu „vereinzeln“, werden sie meist alle an einer Stelle ins Gewässer gekippt. In der Folge entsteht besagter Lebensraummangel, zudem haben Kormoranschwärme und Raubfische hier besonders leichtes Spiel, bei soviel Leckerbissen auf einem Haufen….

Ähnlich wie die Art der Nahrung darüber entscheidet, ob sich ein Aal zum Spitzkopf oder Breitkopf entwickelt, entscheidet u.a. auch die Menge der Nahrungsquellen und deren Qualität darüber, ob sich männliche Geschlechtsorgane bilden oder weibliche Geschlechtsorgane gebildet werden können.

Die Natur hat es so genial eingerichtet, dass jene Aale die die besten Lebensbedingungen vorfinden und somit am Leistungsfähigsten sind, am Lebensende auch für die Erhaltung der gesamten Art zuständig sind. Und das sind, wie überall im Tierreich, eben die kräftigen weiblichen Artgenossen. Allein die Weibchen entscheiden über die Anzahl der Laicheier und damit über die Anzahl der Larven/Glasaale.

D.h. wenn die Anzahl der männlichen Aale erhöht wird ändert sich nichts an der Anzahl der zur Verfügung stehenden Laicheier. Nur ein erhöhter Weibchenanteil führt zu mehr Nachwuchs. Wenn man nun durch verstärkten Besatz, wie im o.g. See den männlichen Anteil stark erhöht und somit den Weibchenanteil um fast zwei drittel senkt, hat das entsprechende Folgen für den gesamten Bestand der europäischen Aale in allen nachfolgenden Generationen. Es gibt nicht mehr genügend Weibchen die für den Erhalt der Art sorgen könnten.

Um sich der drohenden europaweiten Einführung einer Schonzeit für Aale zu entziehen, werden und wurden nun von vielen Vereinen massenhaft Aale in die Gewässer gekippt um eine möglichst hohe Abwanderungsrate und somit gute Bestände = gute Gewässerverhältnisse (keine schädlichen Querverbauungen u.s.w.) vorzutäuschen.

Damit wurden auch Tatsachen geschaffen, die zumindest vorübergehend eine Umsetzung des Gesetzentwurfs verhindern konnten.

Während anderenorts sogar jeglicher Aalfang verboten wurde oder zumindest ausgedehnte Schutzgebiete eingerichtet worden sind, wurde hierzulande Besetzt was die Kassen hergaben.

Es kann sich nun hoffentlich jeder Vorstellen, was solcher Aktionismus für den Aalbestand für Folgen haben wird. Da wir, oder besser die Verantwortlichen, mit einer Schonzeit offenbar nicht leben können, werden wir wohl in ein paar Jahren mit einem Fangverbot leben müssen.

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